An einem verschneiten Januarwochenende trafen sich Stipendiatinnen und Stipendiaten, Lokalpolitiker und andere Interessierte aus ganz Deutschland in Gummersbach, um über den Klimawandel und seine Herausforderungen an eine liberale Politik zu diskutieren. Organisiert wurde das Seminar von Stipendiatinnen des Arbeitskreises Innovation & Umwelt, die mehrere hochkarätige Referenten eingeladen hatten.
Den Einstieg machte Mats Simmermacher, einer unserer Altstipendiaten, der an Dänemarks Technischer Universität in Theoretischer Chemie promoviert. Mats sprach über die physikalischen Grundlagen des Klimawandels. Er führte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die komplexen Zusammenhänge des globalen Klimas und die ihm zugrundeliegenden physikalischen Prozesse ein. Die Erderwärmung, die Versäuerung der Meere, der Anstieg des Meeresspiegels und die Polschmelze waren zentrale Themen. Es wurde an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die dargestellten Messdaten über die Veränderungen des Weltklimas quantitativ nicht durch natürliche Größen erklärt werden können. So haben zum Beispiel die Milanković-Zyklen, die die Bewegung der Erde um die Sonne beschreiben, zwar langfristig einen erheblichen Einfluss auf das Klima, spielen in Zeiträumen weniger Jahrzehnte aber praktisch keine Rolle. Weiter zeigen die Klimadaten der letzten Jahrzehnte immer wieder hohe Schwankungen, doch zeichnet sich ihnen gegenüber ein klarer Trend ab, der nur durch die Zunahme der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre zu verstehen ist. Mats hat auch erklärt, wie Wissenschaftler anhand von Kohlenstoffisotopen in der Luft nachweisen können, dass der Anstieg der Kohlenstoffdioxidkonzentration eindeutig auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe zurückzuführen ist.
In einer Gruppenarbeit am nächsten Seminartag befassten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer weiter mit der Funktionsweise und Aussagekraft von Klimamodellen. Mithilfe einführender Fachliteratur brachten sie in Erfahrung, aus welchen Komponenten ein Klimamodell zusammengesetzt ist und mit welchen verschiedenen Unsicherheiten Modelle behaftet sind. So lassen sich zum Beispiel einige Prozesse wie die Wolkenbildung aufgrund der begrenzten räumlichen Auflösung der Modelle derzeit nicht genau abbilden. Trotz dieser Unsicherheiten kamen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu dem Schluss, dass Klimamodelle wertvolle Informationen liefern, an denen man sich in politischen Entscheidungsprozessen orientieren sollte.
Im Anschluss an die Gruppenarbeit stellte Dr. Tobias Geiger vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung die gravierendsten Auswirkungen des Klimawandels wie Überflutungen, Dürren, Hitzewellen, Wassermangel und darauf beruhende Migration dar. Auch mögliche ökonomische Folgen wurden thematisiert. In der sich seinem Vortrag anschließenden Diskussion wurde mehrfach Bedauern geäußert, dass diese wirtschaftliche Perspektive unter Liberalen nicht ausreichend wahrgenommen würde, obwohl sie einen guten Ansatzpunkt für liberale Politik bieten würde.
Am Nachmittag des zweiten Seminartages gab Dr. Harry Lehmann vom Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau einen Überblick über die Argumente und Einwände derjenigen, die die Verursachung des Klimawandels durch den Menschen anzweifeln oder gar leugnen. Letztlich seien solche Klimawandel-Skeptiker überall zu finden: in den Medien, unter Politikern und selbst unter Wissenschaftlern. Mehrheitlich würden diese vor allem wirtschaftliche Eigeninteressen verfolgen.
Nach Herrn Lehmann sprach Dr. Sven Schulze von Economic Trends Research in Hamburg über die ökonomischen Perspektiven des Klimaschutzes und darüber, wie der Markt das Klima schützen kann. Kritisch wurde dabei das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bewertet: Zwar sei ein staatliches Eingreifen wegen der externen Kosten des Klimawandels gerechtfertigt, doch sei das EEG ein eher teures Instrument, da mit sinkenden Kosten der Erneuerbaren die Kosten der EEG-Umlage steigen. Effizienter wäre eine allgemeine Emissionsabgabe oder ein Emissionsrechtehandel, da so die besten und innovativsten Lösungen flexibel am Markt gefunden werden könnten. Schulze monierte allerdings, dass der derzeitige Preis der europäischen Emissionszertifikate deutlich unter den zu erwartenden Kosten des Klimawandels läge und die Zertifikate in ihrer bisherigen Form daher nur wenig wirksam wären. Auch müsse der Zertifikatehandel weiter ausgedehnt werden und auf alle Emissionen Anwendung finden. So vermutete Schulze noch großes Einsparpotential bei Verkehr und Wärme. Besonders die Regulierung von Fernwärme sei nicht konsistent.
Beim Kamingespräch am Abend wurde der Bogen zum Liberalismus gespannt. Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer bemerkten, dass der Klimaschutz ein wohl eher unliebsames Thema für viele Liberale sei. Trotzdem böte der Liberalismus großes Potential, den Problemen des Klimawandels zu begegnen, da sich eine liberale Wirtschaftsordnung durch Offenheit gegenüber neuen Technologien auszeichne und Ressourcen-Effizienz fördere. Eine Emissionsabgabe sowie ein Emissionshandelssystem könne man zudem als ordoliberale Instrumente bezeichnen, die im Gegensatz zum EEG geeignet seien, eine freie und faire Wettbewerbsordnung zu schaffen. Kontrovers wurde die Rolle des Wirtschaftswachstums diskutiert. Während einige Sorge äußerten, dass das Zwei-Grad-Ziel in Anbetracht des Hungers unserer Volkswirtschaften kaum zu erreichen sei, meinten andere, dass ein erfolgreicher Klimaschutz neue Wachstumschancen ermögliche. Konsens herrschte hingegen darüber, dass es Aufgabe der Liberalen sei, dem auf staatliche Intervention aufbauenden Klimaschutz einen freiheitlichen Lösungsansatz gegenüber zu stellen.
Am Sonntagmorgen hielt Prof. Dr. Markus Lederer vom Institut für Politikwissenschaft der TU Darmstadt den abschließenden Vortrag über das Übereinkommen von Paris und die Zukunft der internationalen Klimapolitik. Als Nachfolger des Kyoto-Protokolls hat der Vertrag vor allem eine Reduzierung der globalen CO2-Emmissionen zum Ziel. Aufgrund der neuerlichen Entwicklungen in den USA waren viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer erleichtert, dass der als agreement ausgestaltete Vertrag auch ohne Ratifizierung im US-Senat Gültigkeit erlangt. Allerdings haben die nationalen Selbstverpflichtungen im Gegensatz zu den im Kyoto-Protokoll festgehaltenen Zielen keine völkerrechtlich bindende Wirkung. Hoffnung spenden kann aber die Tatsache, dass sich 195 Staaten dem Thema des Klimawandels offiziell angenommen und Handlungswillen bekundet haben. Die Staaten stehen außerdem unter Druck, da durch Satellitenaufnahmen und Datenanalysen die Einhaltung der Zusagen überprüft werden kann.
Wenn das Zwei-Grad-Ziel erreicht werden soll, muss Deutschland seinen CO2-Ausstoß von 10 t/Kopf pro Jahr auf 2–2,4 t senken. Um das zu erreichen, müssen neben den persönlichen Einsatz des Einzelnen mehr politische Anreize treten.
Information zur Autorin
Marie Garstecki
Promoviert in Augsburg in Rechtswissenschaft
Seit Oktober 2016 in der Promotionsförderung der FNF