Kernenergie – Überrest des Kalten Krieges oder Hoffnungsträger für die Zukunft?

Vom 24. bis 26. Mai fand in der Theodor-Heuss-Akademie das Seminar „Kernenergie – Überrest des Kalten Krieges oder Hoffnungsträger für die Zukunft?“ des AK-Innovation und Umwelt statt. Durch viele kompetente Referenten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik wurde ein umfassender Eindruck der derzeitigen nationalen und weltweiten Situation der Kernkraft vermittelt. Sowohl technische als auch geschichtliche Details wurden ausgiebig beleuchtet, um schließlich einen Blick auf mögliche zukünftige Entwicklungen zu werfen. Die Organisatoren Oliver Mehling und Lutz Lohmann nutzten Ihre Erfahrung in der Seminarleitung, um das komplett ausgebuchte Seminar zu einem vollen Erfolg zu machen.

Nach dem Abendessen stand am Freitagabend schon der erste Input auf dem Programm, um alle mit dem nötigen technischen Verständnis für die nächsten Tage auszustatten. Dr. Christoph Pistner vom deutschen Öko Institut erklärte grundlegenden Details zur Funktionsweise der üblichen Reaktortypen auf sehr verständliche Art, um anschließend noch kurz die Argumente der Anti-Atomkraftbewegung auf technischer Seite zu beleuchten.

Wie bei jedem guten Seminar durfte nach beschwerlicher Anreise und ersten Inhalten dann natürlich nicht der traditionelle Umzug in den Heuss-Club, bzw. die Wachholderstube fehlen (beim Namen scheiden sich die Geister noch stärker als beim Thema Atomkraft). Hier konnten sich alle mit Stipendiaten und Referenten austauschen und den Abend ausklingen lassen.


Am nächsten Morgen ging es direkt um 9:00 Uhr weiter mit einem spannenden Vortrag zum Thema Reaktorsicherheit. Mit viel Expertise gab Prof. Dr. Hans-Josef Allelein vom Forschungszentrum Jülich einen Einblick in die Sicherheitsmechanismen deutscher Reaktortypen und zeigte am Beispiel des belgischen Reaktors Tihange-2 die gängige Methodik der Risikobewertung von Kernkraftanlagen auf.


Im Anschluss wanderte der thematische Schwerpunkt von der Technik auf den historisch-politischen Prozess. Christian von Falkenhausen, der neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer des VSA als Politikwissenschaftler zum Thema Kernenergie promoviert, gab mit einer ausführlichen Analyse der Geschichte der Kernkraft in Deutschland ein umfassendes Bild der Motive und Hintergründe der bisherigen Entwicklung. Als Lehre für zukünftige Energiepolitik erhielten die Seminarteilnehmer so ein neues Verständnis für die derzeitige Situation der Atomkraft in Deutschland.

Nach dem Mittagessen blieb die Thematik politisch geprägt, widmete sich nun jedoch der Tagespolitik. Mit seiner Erfahrung aus dem Bundestag und aus seiner Partei verhalf der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann mit Vortrag und Fragerunde zu einem Gefühl für die aktuellen Möglichkeiten und Tendenzen in der Politik.

Nun ausgestatten mit einem umfassenden Bild der deutschen Kernkraft durften die Seminarteilnehmer selbstständig in Gruppenarbeit die Situation in verschiedensten anderen Ländern ausarbeiten. Jede Gruppe bekam ein Land und ein kurzes Dossier zur dortigen Atompolitik zugeteilt, um nach weiterer Recherche bis zum Abendessen eine Präsentation mit kurzem Briefing für den nächsten Morgen vorzubereiten.
Nach dem Abendessen gab Dr. Ludger Mohrbach vom VGB Powertech – ein Zusammenschluss von Kraftwerksbetreibern – spannende Einblicke in seine Erfahrung mit den Kernkraftanlagen in Fukushima (Japan) und in Tihange (Belgien) auch mit Vergleich zu den deutschen Anlagen. Er stand nach einem spannenden Vortrag über größere und kleinere Ereignisse noch für alle für Fragen bereit.

Danach kümmerte sich das Personal der THA im Keller selbstverständlich wieder ausgezeichnet um das leibliche Wohl der Teilnehmer und Referenten.


Um den jungen innovativen Seminarteilnehmern gerecht zu werden, ging es am nächsten Morgen um 9 auch schon wieder weiter mit neuen Alternativkonzepten für Reaktoren. Dr. Götz Ruprecht – Mitgründer des Instituts für Festkörper-Kernphysik gGMBH – stellte das von ihm mitentwickelte Konzept eines Dual-Fluid-Reaktors vor, welcher kaum mehr Atommüll produziert und den bisherigen Atommüll als Spaltmaterial benutzt. Er lieferte Einblicke in diese Technologie in den Kinderschuhen, ihre technischen und natürlich auch gesellschaftlich-politischen Hürden und zeigte auf, wo internationale gemeinsame Forschung hinführen kann.


Anschließend wurden die Ergebnisse der Gruppenarbeiten vom Vortag präsentiert und eigene Erwartungen und Ansichten der Seminarteilnehmer in den Fokus gestellt.
Damit endete dieses von allen Seminarteilnehmern als sehr spannend empfundene Seminar, das einigen vorher Unentschlossenen eine fundierte Grundlage zur eigenen Meinungsbildung liefern konnte und auch Teilnehmern mit breiten Vorkenntnissen neue Seiten der Kernkraft aufzeigen konnte. Das Seminar konnte auch darauf hinweisen, dass die Atomkraft auf internationaler Ebene alles andere als „tot“ ist und mit Blick auf ein zunehmendes Klimabewusstsein höchst brisant bleibt.


Wir bedanken uns herzlich bei den Organisatoren Oliver und Lutz sowie bei den erstklassigen Referenten für ein rundum gelungenes Seminar, von dem jeder viel mitnehmen konnte.

Informationen zum Autor

Kilian Baumann
B.Sc. Physik an der TU München
In der Grundförderung seit Oktober 2018