(Perspektiven zur) Energie im Wandel

Innovation – Zwischen Technik und Gesellschaft

Zum Einstieg stellte Mats Simmermacher von der Technischen Universität Dänemarks noch am ersten Abend anschaulich den menschlichen Einfluss auf das Klima dar. Durch die kompetenten Antworten auf diverse Nachfragen, insbesondere bezüglich der Aussagekraft einzelner Grafiken, gelang es ihm dabei, jede Skepsis an der Stichhaltigkeit der Erkenntnisse der Klimaforscher auszuräumen. Obwohl er dabei teilweise tief in das Reich der Chemie eingedrungen ist, brachte er die Kernaussagen stets gekonnt auf den Punkt. Erste Diskussionen zu verschiedensten Aspekten des Klimaschutzes entwickelten sich beim anschließenden Ausklingen des Tages im Heuss-Club.

Der nächste Morgen begann mit einem Vortrag von Herrn Dr. Ludger Mohrbach von VGB-Powertech, einem internationalen Interessenverband von Unternehmen aus der Elektrizitäts- und Wärmeversorgungsbranche. Dieser befasste sich mit den technischen Möglichkeiten und Grenzen der klimafreundlichen Energiegewinnung. Besondere Schwerpunkte legte er dabei auf die eingeschränkte Grundlastfähigkeit der erneuerbaren Energien und die notwendigen Maßnahmen zur Kompensation dieser Defizite. Auch stellte er die Sonderrolle Deutschlands in Bezug auf den Ausstieg aus der Kernenergie dar. Diesen plant keine andere Nation in absehbarer Zukunft, nicht zuletzt, weil die Kernkraft eine weitestgehend treibhausgasfreie Technologie ist und entgegen weit verbreiteten Annahmen auch kosteneffizient ist. Auch eine Diskussion über die Chancen von Carbon Capture and Storage (CCS) Technologie, ein Sammelbegriff für verschiedene Ansätze, produziertes CO2 zu speichern, sodass es nicht in die Atmosphäre gelangt, wurde im Rahmen des Vortrages geführt.

Im Anschluss präsentierte Philipp Behm vom Deutschen Steuerzahlerinstitut die Sicht eines Ökonomen auf die Art und Weise, wie Deutschland seine Klimapolitik betreibt. Dabei stellte er nicht die Ziele selbst in Frage, sondern lediglich die Umsetzungsversuche. Anhand der Betrachtung einzelner Maßnahmen und einer groben Abschätzung ihrer Effizienz arbeitete er sich zu einem Gesamtfazit vor. Darin bemängelte er insbesondere sektorielle und teils planwirtschaftliche Förderungsansätze, die auch Technologieoffenheit vermissen lassen. Eine mögliche Lösung sah er in der Ausweitung des Emissionshandels auf alle Sektoren, womit ein marktwirtschaftliches Instrument mit simpler Umsetzbarkeit und einfacher Steuerung möglich scheint.

Nach der Mittagspause klärte Prof. Dr. Markus Ludwigs der Universität Würzburg das interessierte Plenum über die rechtlichen Randbedingungen auf. Dabei nahm er insbesondere auf das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) Bezug. Obwohl sich nicht viele Juristen unter den Zuhörern befanden, wurde der Vortrag als sehr verständlich bezeichnet. Überraschend war vor allen Dingen die hohe Schlagzahl, mit der der Gesetzgeber an Neufassungen der EEG arbeitet, und wie die Europäische Kommission über Beihilfeverfahren einen starken Einfluss auf das deutsche Gesetz ausübt und sich für mehr Technologieoffenheit und marktwirtschaftlicheres Vorgehen einsetzt. Zudem erfuhren die Teilnehmer, wie der Europäische Gerichtshof und das Bundesverfassungsgericht verschiedene Entscheidungen bewertet haben, was teilweise Anlass für lebhafte Diskussionen bot.

Daraufhin stellte Tim Petzholdt die Forderungen von Greenpeace, wofür er sich ehrenamtlich engagiert, im Bereich der Energiewende dar. Diese bestehen vor allem in einem sehr zügigen Ausstieg aus der Kohleverstromung und in der Beibehaltung des Atomausstiegs. Außerdem fordert Greenpeace, Einfluss auf die Nachbarstaaten zu nehmen, um auch diese zur Abschaltung von Kernkraftwerken zu bewegen. Bedauerlich war, dass auf Fragen zur Versorgungssicherheit nur mit Jahresmittelwerten geantwortet wurde, die keine Aussagekraft im Hinblick auf die dauerhafte Versorgung haben, da dabei die gesamte Fluktuation der Produktion gemittelt wird und diese Fluktuation derzeit nicht durch Speichermedien abgefangen werden könnte. Auch in Bezug auf die verschiedenen Typen von Kernkraftwerksreaktoren und deren GAU-Fälle ergaben sich mehrfach angeregte Diskussionen mit dem Plenum.

Nach dem Abendessen folgte eine Fischbowl-Diskussion, welche zunehmend an Fahrt aufnahm. Neben den bisher angeschnittenen Themen wurde auch der Aspekt des Konsumentenverhaltens diskutiert. Da auch nach dem planmäßigen Ende der Fishbowl noch Diskussionsbedarf bestand, klang auch dieser Abend gesprächig im Heuss-Club aus.

Der letzte Tag begann, zumindest für den Autor, mit einem Höhepunkt der Veranstaltung. Unter dem Titel „Heißer als die Sonne – auf dem Weg zum Fusionskraftwerk“ führte Prof. Dr. Rudolf Neu vom Institut für Plasmatechnik der TU München in die Fusionstechnologie ein. Neben dem aktuellen Forschungsstand und den vorhandenen Problemen wurde auch ein vorsichtiger Ausblick in die Zukunft gegeben. Trotz der hohen Komplexität des Sachverhalts gelang es Prof. Dr. Neu ein grundlegendes Verständnis für den Vorgang der Kernfusion und den notwendigen Bedingungen zu vermitteln.

Als letzter Referent trat Dietmar Brockes, Sprecher der FDP-Landtagsfraktion für Wirtschaft, Industrie und Energie in Nordrhein-Westfahlen auf. Er arbeitete sich von der Kritik an bestehenden Klimaschutzmaßnahmen zu Lösungsvorschlägen vor. Dabei teilte er im Wesentlichen die Kritikpunkte des Ökonomen Philipp Behm und brachte auch ähnliche Lösungsvorschläge vor. Darüber hinaus stellte er die bisherige Fokussierung auf den Elektrizitätssektor in Frage. Er gestand natürlich zu, dass insbesondere die Reformation des Zertifikate-Handels als zentrales Element eines liberalen Lösungsansatzes, aber auch das Einschränken von bisherigen ineffektiven Maßnahmen – trotz horrender Ausgaben wird Deutschland seine selbstgesteckten Ziele bis 2020 ja größtenteils verfehlen – hauptsächlich Sache des Bundes oder gar Europas ist und dort nicht alle Akteure die Ansichten der FDP teilen.

Die abschließende Feedbackrunde offenbarte die Zufriedenheit der Teilnehmer mit den Referenten und den Organisatoren Lutz Lohmann, Max Neumann, Sebastian Siegel und Patricia Zentgraf und lieferte auch zugleich die eine oder andere Idee für zukünftige Seminarthemen. Dank der guten Stimmung unter den Teilnehmern ergaben sich sogar nach dem Ende der Veranstaltung noch Unterhaltungen unter jenen Teilnehmern, die nicht termingebunden abreisen mussten. So endete ein informatives Wochenende mit gepflegter Debattenkultur.

Informationen zum Autor

 

Till Hübschen
Luft- und Raumfahrttechnik B.Sc.
Universität Stuttgart
In der Grundförderung seit April 2016