Bericht vom Upcycling Seminar in Berlin

Der Begriff „Upcycling“ ist in den letzten Jahren immer häufiger zu hören gewesen. Aber was ist das genau und wie funktioniert Upcycling? Was passiert mit unserem Müll und welche Folgen für die Umwelt ruft die Konsumgesellschaft hervor? All diese und andere Fragen wurden beim Praxisseminar „One man’s trash is another man’s treasure“ des AK Innovation und Umwelt in Berlin zur aktiven Diskussion gestellt.

Der Hauptteil des Seminars fand in einer geräumigen Halle der HTW Berlin statt, dessen kreative Atmosphäre die Teilnehmer in die richtige Stimmung für das Praxisseminar versetzte. Das Seminar startete mit einer kleinen Einführung in die Welt von nachhaltigem Design, Recycling und Upcycling , welcher am Abend des ersten Seminartages von der Diplom-Designerin Mareike Hadeler gehalten wurde. Hadeler gehört mit ihrem Modelabel zu den Vorreitern der Upcyclingbewegung. Seit dem Jahr 2000 gewinnt Upcycling immer mehr Anhänger, vor allem unter solchen Kleinunternehmern, welche aus dem Abfall trendbewusste Utensilien gestalten und verkaufen. Um dies zu veranschaulichen, zeigte uns die Lektorin ein paar Beispiele kreativer Produkte und erläuterte ihre Entstehungsgeschichten. Die viele interessanten Ideen fanden begeisterten Zuspruch bei den Teilnehmern. Jedoch tauchten hier bereits die ersten kritischen Anregungen auf: Wer kauft diese (normalerweise hochpreisigen) Hand-Made-Produkte? Ist Upcycling serienmäßig umsetzbar? Sind weiterverarbeitete Upcycling-Produkte aus Materialien wie beispielsweise Plastik in der Wiederverwendung immer gesundheitlich unbedenklich?

Die Einführung in das Thema rundete eine Filmvorführung. Da das Upcycling eine Reaktion auf die heutige Abfallproblematik ist, wurde dieser Aspekt im filmischen Beitrag in den Fokus gestellt. Die Dokumentation „Trashed“ („Weggeworfen“) klärt über globale und einschüchternde Folgen der Umweltverschmutzung auf der ganzen Welt auf. Der Schauspieler Jeremy Irons begibt sich dazu auf eine aufrüttelnde Reise rund um den Globus: Zu gigantischen Müllbergen, dem großen Pazifikmüllfleck und unterirdischen Giftgruben. Noch vor 20 bis 30 Jahren waren es wunderschöne Orte. Nun sind diese völlig verschmutzt mit Müll und giftig für alles Lebendige. Die dramatischen Bilder wirken ernüchternd.

Schnell wird Irons und dem Zuschauer klar, dass das Vergraben oder Verbrennen von Abfall keine dauerhafte Lösung sein kann. Der Film schlägt keine perfekte Lösung für das Problem vor – ein dauerhaftes und effektives Ergebnis kann nur durch Veränderungen auf staatlichem Niveau in den EU-Ländern erzielt werden. Allerdings kann jeder Einzelne bereits heute beitragen: Weniger Müll produzieren. Mit diesem Anstoß zum Seminarthema endete der Freitagabend.

Bild 1: KunstStoffe e.V.

Ganz in der Tradition des AKIU durfte beim Seminar ein praktischer Teil nicht fehlen. Am nächsten Morgen, hoch motiviert und neugierig, fanden wir uns zu einer Führung über das Materiallager des Vereins „KunstStoffe e.V.“ ein. In einer kurzen, aber sehr informativen Präsentation wurden uns die Geschichte und die Ziele des Vereins aus Berlin-Pankow erläutert. Der Verein verwaltet nicht mehr gebraucht Materialien und vermittelt diese an neue Abnehmer, um die Verschwendung zu reduzieren. Diese Konzept erfreut sich mittlerweile deutschlandweit wachsender Beliebtheit. Anschließend konnten wir unsere Kreativität bei einem Upcycling-Praxisworkshop („Hands-On!“) ausleben. Mittels alter Fahrradschläuche, Nadel und Faden sowie aus Holz wurden dabei sogar einige exklusive Meisterwerke von uns geschaffen. So entstanden unter anderem eine Handyhülle, einige Schmuckstücke und viele Stempel mit lustigen Motiven.

Bild 2:  Hands On! Der Praktische Teil des Seminars

Die mitunter geringe Anwendungstiefe warf während der Exkursionen die Frage auf, inwiefern Upcycling tatsächlich als Instrument zur Bekämpfung der Müllproblematik dienen kann. Umso anregender war es, das Thema kontrovers zu behandeln. Sebastian Feucht, Professor für Entwurfsmethodik und Designentwurf mit dem Schwerpunkt Sustainability und Technologie an der HTW Berlin, Vorstand des Sustainable Design Centers, kritisierte in seinem Vortrag die Umsetzung des modernen Upcyclings. Er steht der Upcycling-Bewegung kritisch gegenüber. In seinem Vortrag stellte er unter anderem die Frage: Warum werden Upcyclingprodukte überhaupt verkauft? Als Gefahr sieht Feucht – obgleich die Bewegung in ihrer Idee eigentlich die Bekämpfung des existierenden Konsummarkts verfolgt – die Entstehung eines neuen solchen und ruft auf, die DIY-Objekte nur für den häuslichen Eigenbedarf zu nutzen. Nach dem Vortrag ließen wir den zweiten Seminarabend beim gemütlichen Grillen auf dem HTW-Gelände ausklingen.

Bild 3: Die Schatztour durch die Lager des KunstStoffe e.V.

Um das Thema Upcycling von der technischen Seite zu beleuchten, wurde am dritten Seminartag Marc Swatosch von Alba Recycling GmbH eingeladen. Swatosch stellte in einem produktbezogenen Vortrag die großindustriellen Upcyclingvorgänge vor. Hierbei erfuhren die Teilnehmer welche Stoffe ein weiteres Leben als ein Upcyclingmaterial finden und auch warum man immer den Jogurtdeckel von dem Becher trennen sollte. (…weil die Sortiermaschine die beiden unterschiedlichen Materialien sonst nicht voneinander trennen kann!)

Bei der Abschlussrunde teilten wir dann unsere Impressionen und Anregungen zum Seminar mit. Wie üblich sammelten sich hier FNF-Stipendiaten verschiedener Herkunft und verschiedenster Fachrichtungen. Einen besonderen Pfiff gaben dem Seminar externe Teilnehmer, die sofort herzlichst integriert wurden und einen großartigen Beitrag zu produktiven Diskussionen leisteten. Insgesamt wurde das Seminar sehr positiv angenommen und wird wohl vielen noch in Erinnerung bleiben. Besonderer Dank für die Unterstützung des Seminars gilt der HTW Berlin und dem KunstStoffe e.V.

Verfasst von Maria Knyazeva. Herzlichen Dank hierfür 🙂